Fledermausschutz

Mit rund 1.100 Arten stellen die Fledertiere (Chiroptera) nach den Nagetieren (Rodentia) weltweit die artenreichste Ordnung der Säugetiere. Während die Flughunde (Megachiroptera) nur in den Tropen vorkommen, ist die Unterordnung der Fledermäuse (Microchiroptera) mit 22 Arten auch im Land Niedersachsen vertreten.
13 davon konnten bislang auch im Altkreis Münden belegt werden.

Umweltgifte, Nahrungsmangel und vor allem die vielfach unmerklichen Verluste an Quartieren dürften auch bei uns vor Ort ursächlich für den anhaltenden Rückgang und das Verschwinden einzelner Arten sein.
Hilfsmaßnahmen müssen daher notwendigerweise auf mehreren Ebenen ansetzen, um unsere heimlichen Nachtjäger hier vor Ort vor dem schleichenden Aussterben bewahren zu können.
Entsprechend vielfältig sind die Felder, auf denen sich der NABU Samtgemeinde Dransfeld nun schon seit vielen Jahren zum Schutz und Nutzen unserer heimischen Fledermäuse engagiert ...

Erhaltung und Schaffung von Quartieren

Zu den kardinalen Ursachen für den schleichenden Rückgang unserer Fledermäuse zählt ohne Frage der zunehmende Mangel an natürlichen wie auch an Quartieren aus menschlicher Hand: Nischen- und hohlraumreiche Altbäume werden gefällt, Höhlen, alte Bunker, Stollen, Keller oder Dachböden abgerissen, grundsaniert oder für Fledermäuse unzugänglich gemacht.
Seit mehr als 20 Jahren bemüht sich der NABU Dransfeld daher in besonderem Maße um die Erhaltung, Optimierung und Sicherung der noch verbliebenen, aber auch um die Schaffung neuer Fledermausherbergen jedweder Art.
Einen Schwerpunkt bilden dabei v.a. die Untertagequartiere, welchen nicht selten auch eine Schlüsselfunktion als einziges Überwinterungsquartier für das gesamte Lokalvorkommen einer Fledermausart zufällt.
Vorwiegend handelt es sich um alte, nicht mehr genutzte Gewölbekeller, Wasserhochbehälter, Munitions- und Luftschutzbunker, Bahntrassenwasserdurchlässe oder Tunnel, die aus sicherheitstechnischen Beweggründen versiegelt oder sogar zum Abriss vorgesehen waren.
Oftmals nur mit großem persönlichen Einsatz gelang es uns, diese Objekte zu erhalten und – meist durch spezielle bauliche Maßnahmen – wieder attraktiv für Fledermäuse zu gestalten. Vornehmlich im westlichen Teil des Landkreises Göttingen konnten so bislang 28 Objekte für den Fledermausschutz gesichert bzw. zu Quartieren ausgebaut werden.

Auch unsere Pflegemaßnahmen an Kopfweiden sind diesem Kontext zu sehen, denn gerade Altbäume geben mit ihren Hohlräumen und Nischen speziell baumbewohnenden Fledermausarten Unterschlupf. Im Sommer suchen hier vor allem die Weibchen – oft zu mehreren – Quartier, um in den sog. „Wochenstuben“ ihre Jungen zur Welt zu bringen und aufzuziehen. Aus gleichem Grunde setzen wir uns dafür ein, daß auch andere Altbäume und besonders tote Baumveteranen stehen bleiben können, wo immer dies möglich ist.

Unbenommen mancher Erfolge dürfen die Anstrengungen jedoch nicht nachlassen, um mit den zahlreichen Quartierverlusten, die unmerklich an vielen anderen Stellen vonstatten gehen, Schritt halten zu können. Dazu gilt es, auch bislang ungenutzte Reservoire zu erschließen.
In diesem Zusammenhang versuchen wir daher auch, private Haus- und Grundeigentümer für den Fledermausschutz zu gewinnen. Zu manchem älteren Anwesen gehört noch ein ausge- dienter Schuppen, eine Scheune oder ein altes Backhaus, deren Dachböden oder Keller sich oft mit relativ einfachen Maßnahmen zu artgerechten Fledermausquartieren ausbauen lassen. Nicht selten erfüllen bereits ein paar einfache Bretter aus unbehandeltem Holz diesen Zweck. Bei älteren Gebäuden, insbesondere wenn sie unter Denkmalschutz stehen, ergibt sich häufig die Herausforderung, die Quartierhilfen fachgerecht zu integrieren, so dass die Funktion, Nutz- barkeit und Ästhetik des Objektes nicht beeinträchtigt werden.
Aber auch bei jüngeren Immobilien, seien es Wohnhäuser, Garagen oder gewerbliche Objekte finden sich – zumindest an den Außenwänden – fast immer auch Möglichkeiten, neue Quartiere für Fledermäuse zu schaffen. Dies gilt gleichermaßen für Hof und Garten, ja sogar für Balkone.

Nicht immer fällt es leicht, für alle Bedürfnisse opimale und annehmbare Lösungen zu finden, zumal meist auch der verfügbare Budgetrahmen nur wenig Gestaltungsspielräume offen lässt.
Bei Bedarf steht Interessenten daher das umfassende, individuelle Beratungsangebot des NABU Dransfeld zur Verfügung. Wo die baulichen Gegebenheiten eine integrierte Lösung nicht zulassen, stellen u.a. standardmäßige Nistkästen eine flexibel einsetzbare und preiswerte Alternative dar.
Dazu bietet unser NABU-Shop auch ein umfangreiches Sortiment an speziellen Quartierhilfen für Fledermäuse an, die sich zudem als originelles Präsent für diverse Anlässe eignen.

Pflegestation

Die meisten unserer Fledermausarten sind mittlerweile so rar, dass es unerlässlich ist, sich auch einzelner Tiere anzunehmen.
Für kranke, verletzte sowie zugeflogene Fledermäuse wurde daher Ende der 80er Jahre eine Pflegestation eingerichtet, welche sich derzeit in Varlosen befindet und von Hans-Joachim Haberstock, langjähriger Fledermaus-Beauftragter des Landkreises Göttingen, mit bislang unermüdlichem Engagement unterhalten und betrieben wird. Zugebrachte Tiere werden hier auf zunächst ihren Gesundheits- und Ernährungszustand untersucht, versorgt und – sofern dies erforderlich ist – einer tierärztlichen Behandlung zugeführt.
Während vitale, d.h. im Freiland überlebensfähige Individuen baldestmöglich in ihrem ver- trautem Lebensumfeld oder auch einem anderen, für die betreffende Fledermausart geeigneten Lebensraum wieder freigelassen werden, verbleiben pflegebedürftige Exemplare in der Station. Hier werden sie fachgerecht versorgt, wieder aufgepäppelt und nach ihrer Genesung ebenfalls nach Möglichkeit wieder ausgewildert. Tiere, die in freier Natur nicht mehr überlebensfähig sind, werden an spezielle Einrichtungen weitergeleitet, wo sie – gemeinsam mit anderen invaliden Artgenossen – nicht nur ein gedeihliches Auskommen finden, sondern sich nicht selten sogar noch eigener Nachkommenschaft erfreuen können.

Beratung und Öffentlichkeitsarbeit

Nach wie vor leiden unsere Fledermäuse unter verbreiteten Vorurteilen in der Bevölkerung. Umfassende Maßnahmen der Beratungs-, Informations-und Öffentlichkeitsarbeit bilden daher mehr denn je eine tragende Säule des Fledermausschutzes.

Erste Kontakte zu Mitbürgern ergeben sich vielfach über den Fledermaus-Beauftragten, der als offizielle Institution und erster Ansprechpartner in Sachen „Fledermaus“ der Bevölkerung zur Verfügung steht. Aus dem zufälligen Fund einer Fledermaus im eigenen Heim oder Garten entwickelt sich nicht dabei selten eine weitergehende Beratung, deren besonderer Schwerpunkt sich auf fledermausgerechte Schutz-, Förder- und Gestaltungsmaßnahmen um Haus, Hof und Garten richtet.

Über seine individuellen Beratungsangebote hinaus bietet der NABU Dransfeld außerdem ein weitreichendes Sortiment an speziellen Informationsmaterialien zu unseren Fledermäusen und ihrem Schutz an. Auch Hinweise auf weiterführende Fachliteratur und Quellen im Internet können gegeben werden. Desweiteren findet sich in unserem NABU-Shop ein breites Angebot an erprobten, artgerechten Quartierhilfen für Fledermäuse, bei deren Erwerb ebenfalls eine Vielzahl an Ratschlägen und praktischen Tips erhältlich ist.

Einmal im Jahr bietet der NABU Dransfeld auch eine „Fledermaus-Nacht“ („Bat-Night“) an. Diese gewöhnlich im Spätsommer stattfindende Veranstaltung richtet sich nicht nur an naturinteressierte Erwachsene, sondern ganz besonders an Kinder. Die Chance, einmal Fledermäuse in der freien Wildbahn erleben zu können, stößt auf reges Interesse und zieht von Jahr zu Jahr mehr Besucher an. Zugleich eröffnet sich in diesem Kontext eine ideale Gelegenheit, die Arbeit des NABU Dransfeld einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen. Auch die Presse berichtet regelmäßig über die Fledermaus-Nacht.
Auf Anfrage wurden und werden für Kindergärten, Schulklassen und in sonstiger Weise interessierte Gruppen außerdem spezielle Fledermaus-Exkursionen angeboten.

Nach nunmehr vielen Jahren intensiver Öffentlichkeitsarbeit deuten sich auch erste Erfolge an. Mehr und mehr verwandelt sich das Image unserer Fledermäuse vom einstigen Gruseltier hin zu einem Sympathieträger und Maskottchen des Artenschutzes. Dies lässt hoffen, dass es für unsere heimlichen Nachtjäger doch noch eine Zukunft gibt.

Fledermaus-Beauftragter

„Hilfe, ich habe eine Fledermaus gefunden, was nun?“

Mit Notrufen dieser Art sieht sich Hans-Joachim Haberstock, seit 1989 Fledermaus-Beauftrager im Landkreis Göttingen und lange Jahre 1. Vorsitzender unserer Ortsgruppe, desöfteren am Telefon oder an der Haustür konfrontiert. Nicht selten sind es höchst kuriose Anlässe, die Mitbürger spontan den Rat und die Hilfe des Fledermaus-Beauftragten suchen lassen: Vor allem sog. Zimmereinflüge, wenn sich eine oder mitunter gar Dutzende von Fledermäusen unvermutet in eine Wohnung verirren, verursachen vielfach Panik und Schrecken – insbesondere, wenn es sich um die erste direkte Begegnung mit den für viele umheimlichen Nachtsäugern handelt. Aber auch zufällige Funde von kranken oder verletzten Fledermäusen, verlassenen Jungtieren und Quartieren lassen immer häufiger Menschen initiativ werden, die die Tiere nicht einfach ihrem Schicksal überlassen wollen.

Rat und Hilfe finden die Tierfreunde – oft über mancherlei Umwege bei Polizei, Feuerwehr und andere Behörden – schließlich bei Hans-Joachim Haberstock. Als offizieller Beauftragter des Landkreises hat er auch die Befugnis, die streng geschützten Fledermäuse an sich zu nehmen. Dies wird gewöhnlich dann erforderlich, wenn die Findlinge nicht sofort wieder frei gelassen werden können und eine Zeitlang in menschlicher Obhut verbringen müssen. In der Pflegestation, die ebenfalls von Hans-Joachim Haberstock betrieben wird, erfolgt dann eine um- fassende Versorgung und Betreuung.

Die Tätigkeit des Fledermaus-Beauftragen beschränkt sich aber keineswegs auf die Beratung von Bürgern und die Versorgung angefundener Fledermäuse. Einen bedeutenden Stellenwert nimmt auch die Erfassung aller aktuellen Fledermausnachweise im Kreisgebiet Göttingen ein. In diesem Rahmen werden nicht nur alle verfügbaren, zumeist mehr oder minder zufälligen Funde und Beobachtungen von Fledermäusen festgehalten. Auch altbekannte Quartiere, Überwinterungsstätten und Lebensräume werden in regelmäßigen Abständen gezielt kontrolliert.

Im Verlauf von nun schon mehr als 20 Jahren konnten so im Altkreis Münden bislang 13 Arten von Fledermäusen ermittelt werden, wovon einige zu den besonders seltenen Arten zählen:
Großer Abendsegler Nyctalus noctula
Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri
Kleine Bartfledermaus Myotis mystacinus
Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii
Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus
Fransenfledermaus Myotis nattereri
Braunes Langohr Plecotus auritus
Graues Langohr Plecotus austriacus
Großes Mausohr Myotis myotis
Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii
Wasserfledermaus Myotis daubentonii
Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus
Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus

Sämtliche Daten finden auch Eingang in amtliche Erfassungsbögen, welche an die zuständigen Naturschutzbehörden des Landkreises und des Landes Niedersachsen weitergeleitet werden. Dort bilden sie eine maßgebliche Grundlage und Datenbasis für die Beurteilung der Bestandsentwicklung der verschiedenen Arten und letztlich auch für den Fledermausschutz insgesamt.

Die amtliche Kenntnis lokaler Fledermausvorkommen und bedeutender Wohnstätten gewinnt vor allem dann an besonderer Relevanz, wenn diese durch anstehende menschliche Eingriffe u.U. beeinträchtigt oder schlimmstenfalls sogar in ihrem weiteren Fortbestand bedroht werden.
Nicht zuletzt in solchen Fällen ist der regionale Fledermaus-Beauftragte gefordert, hierzu seine fachliche Stellungnahme abzugeben.
Doch nur selten ist die Problematik mit diesem Akt alleine gelöst und damit auch erledigt.
Darüber hinaus ist der fachkundige Rat des Fledermaus-Beauftragten immer wieder auch im Zusammenhang mit der Eruierung, Planung und praktischen Umsetzung von Kompensations- und Fördermaßnahmen gefragt. Vor allem bei der Anlage von Ersatzquartieren sind Anfragen, namentlich von fachfernen Behörden – wie z.B. den Straßenbauämtern – nicht selten.